IT-Sicherheit in Zeiten des Ukrainekrieges

Eine Abwehr aufbauen, bevor die Angriffe konkret werden

Unternehmen und Institutionen mit Sitz in der Ukraine: Sie sollten sich darauf vorbereiten, dass die Angreifer versuchen, Prozesse vollständig zu unterbrechen



Von Jörg von der Heydt, Regional Director DACH bei Bitdefender

Noch ist unklar, ob zum analogen Ukraine-Krieg ein regelrechter Cyberkonflikt dazu kommt – wenn sich ein solcher denn überhaupt exakt definieren lässt. Die aktuelle kriegerische Auseinandersetzung stellt aber in jedem Fall ein Risiko für die IT von Unternehmen dar, auch wenn abzuwarten bleibt, wie sich die weitere Gefahrenlage entwickelt. Um sich wirksam zu schützen, sollten Unternehmen zum einen aktuelle Gefahren im Blick haben und zum anderen Sicherheitsstandards noch strenger befolgen. Das unternehmenseigene Risikopotential bemisst sich dabei an der geographischen, geschäftlichen oder auch digitalen Nähe einer Organisation zur Ukraine.

Aktuell ist es zu weniger Sicherheitsvorfällen im Zusammenhang mit dem Krieg gekommen als befürchtet. In der Mehrzahl handelte es sich um Denial-of-Service (DDoS)-Attacken. Bis jetzt liegen den Experten auch noch keine bestätigten Berichte von Angriffen auf Lücken in industriellen Steuerungssystemen (Industrial Control Systems, ICS) vor. Solche Aktionen hatten 2015 und 2016 die ukrainische Stromversorgung gelähmt. Einen stets aktualisierten Überblick der Geschehnisse bietet die Website von Curated Intelligence. Wie sich die Lage entwickelt, ist natürlich nicht absehbar. Aber weil der Krieg nach Europa zurückgekommen ist, müssen sich Unternehmen, Behörden und KRITIS-Betreiber auf die Ankunft eines Cyberwar vorbereiten.

Je vernetzter mit der Ukraine, desto gefährdeter

Es liegt nahe, dass das Risiko eines Angriffs mit der räumlichen oder digitalen Nähe zur Ukraine steigt. Die potenziellen Opfer lassen sich in drei Risikoklassen einteilen.

>> • Risikoklasse 1: Unternehmen und Institutionen mit Sitz in der Ukraine: Sie sollten sich darauf vorbereiten, dass die Angreifer versuchen, Prozesse vollständig zu unterbrechen. Das zeigen Aktivitäten in der Vergangenheit. Zugleich gerät die Verfügbarkeit von Diensten und IT-Systemen ins Visier. DDoS-Angriffe und das Löschen von Daten sind ebenso zu befürchten wie Ausfallzeiten der Netzwerk-Infrastruktur. Die "Initial Access Broker" genannten Kriminellen, die kontinuierlich nach Sicherheitslücken für den Weiterverkauf suchen und im Vorfeld von Angriffen die Zugangsdaten zu Netzwerken und Systemen zur Verfügung stellen, haben nun die Gelegenheit, ihre Ergebnisse an den Meistbietenden zu verkaufen. Im Waffenarsenal der Angreifer befinden sich Cyber-Tools, die irreparable Schäden hervorrufen sollen. Dazu zählen beispielsweise die Malwares CrashOverride oder NotPetya oder der Datenlöscher HermeticWiper aus der KillDisk-Malware-Familie.

Mit HermeticWiper können sich die Urheber gezielt ihre Opfer aussuchen oder Angriffe breit über einen IP-Adressraum streuen, um für so viel Schaden wie möglich zu sorgen. Viele APT-Cyberkriminelle wären in der Lage, einen solchen Angriff wie etwa Gamaredon, UNC1151 (Ghostwriter), APT29, APT28, Sandworm, oder Turla durchzuführen. Bekannt ist die Absicht der Conti-Gruppe, gegen Ziele in der Ukraine vorzugehen. Doch auch die Interventionen von pro-ukrainischen Gruppen wie Anonymous und GhostSec können IT-Infrastrukturen gefährden.

>> • Risikoklasse 2: Unternehmen und Institutionen mit Verbindung in die Ukraine: Bisher sind Cyberattacken auf die Ukraine beschränkt. Aber es ist davon auszugehen, dass auch die Nachbarländer und Organisationen, die mit der Ukraine verbunden sind, betroffen sein werden. Wer über VPN oder auch über die Supply Chain an Organisationen in das Land angebunden ist, sollte sein IT-Sicherheitsteam in Alarmbereitschaft versetzen und sich auf die Abwehr vorbereiten. In diesem Zug sollten die Verantwortlichen auch die Art der Vernetzung und damit das spezifische Risiko bewerten.

>> • Risikoklasse 3: Unternehmen und Institutionen in Ländern, welche die Ukraine unterstützen: Dazu gehören alle Mitgliedsstaaten der NATO und der EU. Hier besteht das Risiko von Racheakten staatlicher Gruppen oder digitaler Söldner. Die Möglichkeit, dass eine Wiper-ähnliche Malware bereits eingesetzt wurde, ist groß, wenn auch bisher keine Beweise vorliegen. Die Verantwortlichen stehen in der Pflicht, die Widerstandsfähigkeit von Sicherheitssystemen und Abwehrplänen jetzt zu evaluieren, bevor es zum tatsächlichen Angriff kommt.

Abwehrmaßnahmen

Die Sicherheitslage bleibt unklar, Unternehmen können sich aber auf potenzielle Risiken vorbereiten. IT-Sicherheitslösungen und Dienste wie Endpoint Detection and Response (EDR) oder Managed Detection and Response (MDR) helfen und sind unverzichtbar. Aber es gibt auch konkrete Hausaufgaben, die IT-Sicherheit zu optimieren.

Die folgenden Ratschläge gelten für alle Organisationen in den gerade definierten Risikoklassen:

1. Höchste Priorität haben Patches von Schwachstellen, die bekanntermaßen von staatlich unterstützten APT-Gruppen bereits ausgenutzt wurden. Eine Liste relevanter und bekannter Schwachstellen ist hier zu finden.

2. Der sichere Standort von Backups und der Test der Abläufe sowie die geprüfte lückenlose Wiederherstellung einer Disaster Recovery stehen angesichts der Gefahr durch Wiper auf der Agenda. Besonders gefährdete Unternehmen sollten alle Rechner und Server abschalten, die nicht IT-systemkritisch sind, um die Auswirkungen eines Angriffs einzuschränken.

3. Die Infrastruktur, das Netzwerk und auch die Konnektivität der Unternehmens-IT zu externen Partnern sind permanent zu überwachen. Nur so lassen sich potenzielle Angriffe frühzeitig erkennen und Abwehrpläne umsetzen.

4. Phishing-Kampagnen im Zusammenhang mit der Ukraine haben aktuell Hochkonjunktur. Cyberkriminelle nutzen die Hilfsbereitschaft in der Öffentlichkeit mit einem Repertoire immer besser gemachter Scams aus, die auch sicherheitsrelevante Auswirkungen haben können: Die erbeuteten Zugangsdaten sind dann die Eintrittskarte zu Systemen und Prozessen. Dieser Gefahr muss sich jeder Mitarbeiter bewusst sein.

5. Standardmaßnahmen der IT-Sicherheit sind wichtige Säulen für eine Abwehr. Dazu zählt die Mehrfaktor-Authentifikation für alle Remote-, privilegierten oder Admin-Zugänge auf das Netz, das Updaten von Software, das Deaktivieren von Ports und Protokollen, die für das Geschäft notwendig sind, sowie die Kontrolle und Bewertung in Anspruch genommener Cloud-Dienste.

Wer zu spät zur Abwehr kommt, den bestrafen die Cyberangreifer. Ob dies im Rahmen des laufenden Konflikts eintreten wird, ist jedoch noch unklar. Die Meinungen der Experten über das Ausmaß eines Cyberangriffs gehen auch auseinander. So mancher Experte argumentiert nicht unplausibel, dass es nach dem Kriegsausbruch einfacher ist, eine Fabrik zu bombardieren oder zu erobern, als ihre Server lahmzulegen. Denn Angriffe auf Produktion und Versorgungseinrichtungen wollen vorbereitet sein, wenn sie wirklich Wirkung zeigen sollen. Attraktiver, weil effizienter, seien DDoS-Attacken oder Desinformationskampagnen, die zur Verunsicherung beitragen. EU- und Nato-Länder wären sicher ein Ziel für unterschwellige Angriffe, die man bereits aus Friedenszeiten kennt. Die Gefahr zu unterschätzen, bedeutet aber, einem mitunter großen Risiko unvorbereitet entgegenzugehen. (Bitdefender: ra)

eingetragen: 01.05.22
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Mehrere Faktoren als Burnout-Auslöser

Viele neidische Beobachter denken, ein IT-Sicherheitsanalyst könne sich vor Angeboten nicht retten. Ebenso wenig vor viel Geld angesichts des gerade in diesem Bereich grassierenden Fachkräftemangels. Aber Fachkräftemangel ist auch ein Zeichen für eine anstrengende, überlastende Aufgabe.

Der CISO: Definition und Aufgaben

Was muss ein CISO mitbringen? In der heutigen Bedrohungslandschaft tragen Chief Information Security Officers eine erhebliche Verantwortung. Sie haben großen Einfluss auf das Unternehmen und müssen ihren Wert und ihre Kompetenz regelmäßig unter Beweis stellen.

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Grundlagen

Big Data bringt neue Herausforderungen mit sich

Die Digitale Transformation zwingt Unternehmen sich mit Big Data auseinanderzusetzen. Diese oft neue Aufgabe stellt viele IT-Teams hinsichtlich Datenverwaltung, -schutz und -verarbeitung vor große Herausforderungen. Die Nutzung eines Data Vaults mit automatisiertem Datenmanagement kann Unternehmen helfen, diese Herausforderungen auch mit kleinen IT-Teams zu bewältigen. Big Data war bisher eine Teildisziplin der IT, mit der sich tendenziell eher nur Großunternehmen beschäftigen mussten. Für kleinere Unternehmen war die Datenverwaltung trotz wachsender Datenmenge meist noch überschaubar. Doch die Digitale Transformation macht auch vor Unternehmen nicht halt, die das komplizierte Feld Big Data bisher anderen überlassen haben. IoT-Anwendungen lassen die Datenmengen schnell exponentiell anschwellen. Und während IT-Teams die Herausforderung der Speicherung großer Datenmengen meist noch irgendwie in den Griff bekommen, hakt es vielerorts, wenn es darum geht, aus all den Daten Wert zu schöpfen. Auch das Know-how für die Anforderungen neuer Gesetzgebung, wie der DSGVO, ist bei kleineren Unternehmen oft nicht auf dem neuesten Stand. Was viele IT-Teams zu Beginn ihrer Reise in die Welt von Big Data unterschätzen, ist zum einen die schiere Größe und zum anderen die Komplexität der Datensätze. Auch der benötigte Aufwand, um berechtigten Zugriff auf Daten sicherzustellen, wird oft unterschätzt.

Bösartige E-Mail- und Social-Engineering-Angriffe

Ineffiziente Reaktionen auf E-Mail-Angriffe sorgen bei Unternehmen jedes Jahr für Milliardenverluste. Für viele Unternehmen ist das Auffinden, Identifizieren und Entfernen von E-Mail-Bedrohungen ein langsamer, manueller und ressourcenaufwendiger Prozess. Infolgedessen haben Angriffe oft Zeit, sich im Unternehmen zu verbreiten und weitere Schäden zu verursachen. Laut Verizon dauert es bei den meisten Phishing-Kampagnen nur 16 Minuten, bis jemand auf einen bösartigen Link klickt. Bei einer manuellen Reaktion auf einen Vorfall benötigen Unternehmen jedoch circa dreieinhalb Stunden, bis sie reagieren. In vielen Fällen hat sich zu diesem Zeitpunkt der Angriff bereits weiter ausgebreitet, was zusätzliche Untersuchungen und Gegenmaßnahmen erfordert.

Zertifikat ist allerdings nicht gleich Zertifikat

Für Hunderte von Jahren war die Originalunterschrift so etwas wie der De-facto-Standard um unterschiedlichste Vertragsdokumente und Vereinbarungen aller Art rechtskräftig zu unterzeichnen. Vor inzwischen mehr als einem Jahrzehnt verlagerten sich immer mehr Geschäftstätigkeiten und mit ihnen die zugehörigen Prozesse ins Internet. Es hat zwar eine Weile gedauert, aber mit dem Zeitalter der digitalen Transformation beginnen handgeschriebene Unterschriften auf papierbasierten Dokumenten zunehmend zu verschwinden und digitale Signaturen werden weltweit mehr und mehr akzeptiert.

Datensicherheit und -kontrolle mit CASBs

Egal ob Start-up oder Konzern: Collaboration Tools sind auch in deutschen Unternehmen überaus beliebt. Sie lassen sich besonders leicht in individuelle Workflows integrieren und sind auf verschiedenen Endgeräten nutzbar. Zu den weltweit meistgenutzten Collaboration Tools gehört derzeit Slack. Die Cloudanwendung stellt allerdings eine Herausforderung für die Datensicherheit dar, die nur mit speziellen Cloud Security-Lösungen zuverlässig bewältigt werden kann. In wenigen Jahren hat sich Slack von einer relativ unbekannten Cloud-Anwendung zu einer der beliebtesten Team Collaboration-Lösungen der Welt entwickelt. Ihr Siegeszug in den meisten Unternehmen beginnt häufig mit einem Dasein als Schatten-Anwendung, die zunächst nur von einzelnen unternehmensinternen Arbeitsgruppen genutzt wird. Von dort aus entwickelt sie sich in der Regel schnell zum beliebtesten Collaboration-Tool in der gesamten Organisation.

KI: Neue Spielregeln für IT-Sicherheit

Gerade in jüngster Zeit haben automatisierte Phishing-Angriffe relativ plötzlich stark zugenommen. Dank künstlicher Intelligenz (KI), maschinellem Lernen und Big Data sind die Inhalte deutlich überzeugender und die Angriffsmethodik überaus präzise. Mit traditionellen Phishing-Angriffen haben die Attacken nicht mehr viel gemein. Während IT-Verantwortliche KI einsetzen, um Sicherheit auf die nächste Stufe zu bringen, darf man sich getrost fragen, was passiert, wenn diese Technologie in die falschen Hände, die der Bad Guys, gerät? Die Weiterentwicklung des Internets und die Fortschritte beim Computing haben uns in die Lage versetzt auch für komplexe Probleme exakte Lösungen zu finden. Von der Astrophysik über biologische Systeme bis hin zu Automatisierung und Präzision. Allerdings sind alle diese Systeme inhärent anfällig für Cyber-Bedrohungen. Gerade in unserer schnelllebigen Welt, in der Innovationen im kommen und gehen muss Cybersicherheit weiterhin im Vordergrund stehen. Insbesondere was die durch das Internet der Dinge (IoT) erzeugte Datenflut anbelangt. Beim Identifizieren von Malware hat man sich in hohem Maße darauf verlassen, bestimmte Dateisignaturen zu erkennen. Oder auf regelbasierte Systeme die Netzwerkanomalitäten aufdecken.

DDoS-Angriffe nehmen weiter Fahrt auf

DDoS-Attacken nehmen in Anzahl und Dauer deutlich zu, sie werden komplexer und raffinierter. Darauf machen die IT-Sicherheitsexperten der PSW Group unter Berufung auf den Lagebericht zur IT-Sicherheit 2018 des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) aufmerksam. Demnach gehörten DDoS-Attacken 2017 und 2018 zu den häufigsten beobachteten Sicherheitsvorfällen. Im dritten Quartal 2018 hat sich das durchschnittliche DDoS-Angriffsvolumen im Vergleich zum ersten Quartal mehr als verdoppelt. Durchschnittlich 175 Angriffen pro Tag wurden zwischen Juli und September 2018 gestartet. Die Opfer waren vor allem Service-Provider in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz: 87 Prozent aller Provider wurden 2018 angegriffen. Und bereits für das 1. Quartal dieses Jahres registrierte Link11 schon 11.177 DDoS-Angriffe.

Fluch und Segen des Darkwebs

Strengere Gesetzesnormen für Betreiber von Internet-Plattformen, die Straftaten ermöglichen und zugangsbeschränkt sind - das forderte das BMI in einem in Q1 2019 eingebrachten Gesetzesantrag. Was zunächst durchweg positiv klingt, wird vor allem von Seiten der Bundesdatenschützer scharf kritisiert. Denn hinter dieser Forderung verbirgt sich mehr als nur das Verbot von Webseiten, die ein Tummelplatz für illegale Aktivitäten sind. Auch Darkweb-Plattformen, die lediglich unzugänglichen und anonymen Speicherplatz zur Verfügung stellen, unterlägen der Verordnung. Da diese nicht nur von kriminellen Akteuren genutzt werden, sehen Kritiker in dem Gesetzesentwurf einen starken Eingriff in die bürgerlichen Rechte. Aber welche Rolle spielt das Darkweb grundsätzlich? Und wie wird sich das "verborgene Netz" in Zukunft weiterentwickeln? Sivan Nir, Threat Analysis Team Leader bei Skybox Security, äußert sich zu den zwei Gesichtern des Darkwebs und seiner Zukunft.

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