Experten: IT-Sicherheit fehlt Strategie


Grundfrage, ob die Sicherheit des Systems insgesamt erhöht werde oder wie sehr sie durch Zugriffsrechte des Staates oder der Geheimdienste gefährdet sei
Klaus Rieger vom CCC Berlin sagte, die gesetzliche Ausrichtung müsse "rein defensiv" sein, da sich der Staat sonst in einem Konflikt befinde



Experten vermissen eine klare Strategie Deutschlands im Bereich der IT-Sicherheit. Das ist ein Fazit aus einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Inneres und Heimat. Grundlage der Anhörung waren drei Oppositionsanträge. Die FDP-Fraktion sprach sich in ihrem Antrag (19/7698) für einen Maßnahmenkatalog zur Stärkung der IT-Sicherheit aus, während die Linksfraktion (19/7705) das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) aus der Zuständigkeit des Bundesinnenministeriums lösen und in eine eigenständige Behörde umwandeln will. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/1328) fordert, die Regierung solle schnell ein IT-Sicherheitsgesetz vorlegen.

In der Anhörung äußerten mehrere Experten, dass es ihrer Ansicht nach an einer klaren Strategie in Sachen IT-Sicherheit derzeit fehle. So sagte Sven Herpig von der Stiftung Neue Verantwortung, Deutschland sei in Sachen IT-Sicherheit derzeit "strategieunfähig". Zudem gebe es bisher keine belastbaren Daten zur Wirksamkeit von Maßnahmen der Vergangenheit - gleichzeitig finde Gesetzgebung ohne die Einbeziehung der Zivilgesellschaft statt.

Rainer Baumgart von der secunet Security networks AG sagte aus Sicht der Wirtschaft, der Bereich der Sicherheitstechnik sei ein wachsender Markt. Deutschland verfüge über eine leistungsfähige Cybersicherheitsindustrie, die "nahezu Referenzmarkt" sei. Das Land verfüge über eine hervorragende Sicherheitstechnik, die Angriffe unter der Gewährleistung des Datenschutzes aufdecken können. Diese werde aber noch nicht flächendeckend eingesetzt; hier brauche es Unterstützung.

Klaus Landefeld vom Verband der Internetwirtschaft betonte, insbesondere der Bereich der vernetzten Geräte, der Ende 2019 auf etwa eine Milliarde Geräte ansteigen werde, sei eine Herausforderung. Es sei eine Grundfrage, ob die Sicherheit des Systems insgesamt erhöht werde oder wie sehr sie durch Zugriffsrechte des Staates oder der Geheimdienste gefährdet sei. Eine "konsequente Erhöhung" der IT-Sicherheit müsste seiner Ansicht nach "oberstes Ziel sein".

Klaus Rieger vom CCC Berlin sagte, die gesetzliche Ausrichtung müsse "rein defensiv" sein, da sich der Staat sonst in einem Konflikt befinde. Eigentlich müsse er sämtliche Sicherheitslücken schließen, dem stünden aber Wünsche der Geheimdienste entgegen. Rieger sprach sich für dynamische Zertifikate in der IT-Sicherheit aus; statische hätten "versagt".

Arne Schönbohm, den Präsident des BSI, führte aus, dass täglich 390.000 Schadprogramme entstehen würden und die "Angriffsintensität" deutlich zunehme. Das BSI sei die einzige Bundesbehörde mit dem gesetzlichen Auftrag der Cyberabwehr und stelle seine Erkenntnisse sämtlichen Ressorts zur Verfügung. Allein 2018 habe die Behörde 16 Millionen Warnmails an Netzbetreiber versendet; seine Erkenntnisse würden überdies in die Zulassung von Produkten im Sicherheitsbereich einfließen. Oberstes Ziel aller Beteiligten sei eine sichere Infrastruktur.

Alexandra Sowa aus Bonn sagte in ihrem Statement, die vorliegenden Anträge enthielten zwar viele gute Ideen für die IT-Sicherheit, die die "Achillesferse des Informationszeitalters" sei. Dennoch würden hier Dinge diskutiert, die längst besprochen worden seien. Der Bundestag müsse eine grundsätzliche Entscheidung treffen, ob er Techniken befördern wolle, die neue Lebens- und Arbeitsweisen möglich machten und letztlich Demokratie und Freiheit stärken würden oder Technik zur Überwachung. (Deutscher Bundestag: ra)

eingetragen: 08.05.19
Newsletterlauf: 05.06.19


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